Wirtschaftlichkeit von Pensionsbetriebe

Interview BAYERNS PFERDE: Wirtschaftlichkeit von Pensionspferdehaltung

An welchen Stellschrauben man drehen kann, wie man höhere Preise durchsetzt und wie man das Internet als Werbeplattform sinnvoll nutzt, wie mit all den Maßnahmen die Wirtschaftlichkeit von Pensionspferdehaltung verbessert wird, erläutert der Dipl. Betriebswirt Christian Harms von „Harms | Pferdeprofis gut beraten“.

Arbeit rund um die Uhr, Angst, dass bei einer Preiserhöhung die Kunden weglaufen und ständig höhere Anforderungen. Pensionspferdehalter beschäftigten sich bei einer Tagung des Bayerischen Bauernverbandes im Haus der bayerischen Landwirtschaft in Herrsching mit Wirtschaftlichkeit und Website. BAYERNS PFERDE sprach mit dem Referenten, dem Dipl. Betriebswirt und Pferdemanager Christian Harms.

BAYERNS PFERDE: Oft hört man Pensionspferdehalter jammern, dass sie nicht genug verdienen und sieben Tage in der Woche arbeiten müssen. Ist das wirklich so ein Knochenjob? Kann man nicht durch eine andere Organisation etwas verbessern?

Christian Harms: Einen Pensionspferdebetrieb zu führen, ist definitiv ein besonderer Job. Durch Pferde und Kunden entsteht eine Sieben-Tage-Woche, die, auch wenn Mitarbeiter eingesetzt werden, immer eine solche bleibt. Weil die Pferdehaltung bekanntermaßen viel Handarbeit verursacht, ist es bei Wind und Wetter oft ein Knochenjob, der obendrein nicht immer ausreichend wertgeschätzt wird. Das führt letztlich zu wenig üppigen Betriebsleitergehältern. Schauen Sie sich nur mal an, was in vergleichbaren Positionen, z. B. als Geschäftsstellenleiter, in anderen Branchen verdient wird. In der Organisation und damit der Wirtschaftlichkeit von Pensionspferdehaltung lässt sich aber immer etwas verbessern und somit auch der Arbeitsaufwand reduzieren.

BAYERNS PFERDE: Wo liegen die häufigsten Probleme bei der Organisation?

Harms: Der hohe Personaleinsatz ist ein häufiges Problem. Oft ist das auch nur mittelfristig zu lösen. Wer hier Personal sparen will, muss gegebenenfalls bauliche Veränderungen vornehmen. So erfordert das Reinigen von Paddockflächen per Hand einen wesentlich höheren Arbeitszeitbedarf als das maschinelle Abschieben. Hierfür müssen aber der richtige Untergrund, die passende Maschine und ein bestmöglicher Abtransport der Pferdeäpfel gewährleistet sein.
Aber auch strukturelle Probleme bereiten den Betriebsleitern häufig Kopfschmerzen. Also etwa die Frage, worin am besten investiert wird, um Kunden zufriedenzustellen und den Betrieb fit für die Zukunft zu machen. Werden hier Fehler gemacht, hat das auf die Wirtschaftlichkeit schnell enorm negative Auswirkungen, die auch mit einer vollgepackten Sieben-Tage-Woche nicht wieder in den Griff zu bekommen sind.
Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass auf Pferdebetrieben immer wieder Leistungen kostenfrei erbracht werden, also Füttern von Zusatzfutter, Deckenservice und Betreuung bei Schmied-Terminen ohne Berechnung erfolgen. Vielfach glauben Betriebsleiter, sie können diese nicht in Rechnung stellen, die Einsteller wären nicht bereit dafür zu zahlen. Aber fragen Sie mal in Ihrer Kfz-Werkstatt nach, ob die „eben schnell“ einen Ölwechsel machen können, ohne Berechnung natürlich. Die werden Ihnen was erzählen! Gerade weil die Personalkosten erheblich sind, kann hier die Wirtschaftlichkeit von Pensionspferdehaltung nachhaltig beeinflusst werden.

Wirtschaftlichkeit von Pensionspferdehaltung
Bei Neubau und Erweiterung müssen schon in der Planungsphase die Arbeitsprozesse berücksichtigt werden.

BAYERNS PFERDE: Sie haben beim Pensionspferdehalterseminar in Herrsching gesagt, dass man eventuell neue Leistungen anbieten soll. Welche neuen Leistungen meinen Sie?

Harms: Ja, stimmt. Dafür müssen aber zuerst Arbeitsprozesse analysiert und optimiert werden. Oft wird vernachlässigt, dass eine intensivere Auslastung die Wirtschaftlichkeit von Pensionspferdehaltung deutlich verbessern kann. Das kann durch ein Angebot neuer Leistungen erfolgen, zum Beispiel durch einen neuen Stalltrakt, Beritt oder weitere Dienstleistungen am Pferd. Hierbei sollte sich ein Betriebsleiter zunächst seine Kundenstruktur ansehen, um herauszufinden, welche neuen Leistungen sinnvoll sind. Dafür sind auch Befragungen der Einsteller nützlich, zum Beispiel mit einem Fragebogen. Wichtig ist, dass nicht ungefiltert alle Wünsche erfüllt werden müssen. Stattdessen sollte ein roter Faden für den Betrieb erarbeitet werden. Nur wenn die neuen Leistungen vom Großteil der Einsteller in Anspruch genommen werden, sind Investitionen in diese Richtung rentabel. Wichtig ist auch darauf zu achten, dass die Leistungen vom Kunden leicht in Auftrag gegeben, vom Mitarbeiter schnell erfasst und vom Betriebsleiter sicher abgerechnet werden können.

BAYERNS PFERDE: Aber wenn ich jetzt schon rund um die Uhr arbeite, kann ich doch nicht auch noch zusätzlich was machen!

Harms: Betriebsleiter zu sein, ist auf jeden Fall ein Full-Time-Job. Allerdings müssen Betriebsgröße, Anzahl der Pferde, Ausstattung und Personaldecke zusammenpassen. Tatsächlich kann es sinnvoll sein, keine weiteren Leistungen anzubieten, wenn die Personaldecke dies nicht zulässt. Genau hier wäre es spannend zu prüfen, ob irgendwo Arbeitsprozesse verbessert werden können und dadurch Arbeitszeit eingespart werden kann, so dass Kapazitäten für Zusatzleistungen frei werden. Somit würde bei gleichen Personalkosten der Umsatz steigen und automatisch die Wirtschaftlichkeit verbessert.

BAYERNS PFERDE: Sie haben in Herrsching auch gesagt, dass man für eine bessere Wirtschaftlichkeit von Pensionspferdehaltung weitere Zielgruppen erschließen kann. Was könnte das sein?

Harms: Pferdebetriebe mit Boxenhaltung können zum Beispiel als Ergänzung eine neue artgerechtere Haltung einführen und so neue Kundensegmente erschließen. Dadurch betreiben bestehende Betriebe ein gesundes Wachstum und bleiben wettbewerbsfähig. Aber auch ohne Investitionen können neue Zielgruppen erschlossen werden. Das gilt zum Beispiel für Reitschulbetriebe, die bisher in den Vormittagsstunden lediglich mit Misten beschäftigt sind. Hier könnten Schulkinder, Hausfrauen oder Rentner die Auslastung steigern. Aber Vorsicht, das muss zum Betriebskonzept passen!

Betriebsberater Christian Harms
Der erfahrene Betriebsberater Christian Harms entwickelt für jeden Pferdebetrieb die passende Lösung.

BAYERNS PFERDE: Sie empfehlen also auch, einen Schulbetrieb einzuführen? Aber das kann doch nicht wirtschaftlich sein, wenn ich auch noch Geld für den Kauf von Schulpferden in die Hand nehmen muss. Und wer soll dann überhaupt den Unterricht geben?

Harms: Wenn ein Reitschulbetrieb völlig neu an einen Pensionsbetrieb angegliedert werden soll, sind tatsächlich einige Vorüberlegungen anzustellen. Zunächst muss die Ausstattung der Immobilie dies überhaupt ermöglichen, dazu gehört in jedem Fall eine Reithalle für einen ganzjährigen Betrieb. Außerdem darf der Pensionsbetrieb nicht beeinträchtigt werden, weil hier ansonsten die Angebotsqualität leidet. Dann müssen entweder zwei Reithallen zur Verfügung stehen oder aber die Nutzung durch den Reitschulbetrieb muss zu anderen Zeiten stattfinden. Wieviel Schulpferde angeschafft werden, welcher Reitlehrer welches Angebot an welche Zielgruppe richtet, ist pauschal nicht zu beantworten und muss immer an die Gegebenheiten des bestehenden Betriebes angepasst werden. Sinnvoll ist ein Reitschulbetrieb besonders dann, wenn vorhandene Einrichtungen stärker ausgelastet werden, weil sich damit die Amortisation erheblich verbessert.

BAYERNS PFERDE: Qualität kostet Geld (gute Pferde, gute Ausbilder, Beritt), lohnt sich das wirklich?

Harms: In den meisten Fällen sollte eine mittlere bis hohe Qualität angeboten werden, egal um welchen Betriebszweig es sich dabei handelt. Wirtschaftlich ist das aber natürlich nur, wenn die Kunden entsprechende Preise bezahlen. Ist die Bereitschaft dafür nicht gegeben, ist der hohe (eigene) Anspruch vergebliche Liebesmüh.

BAYERNS PFERDE: Viele Reitstallbetreiber trauen sich aus Angst, ihre Kunden zu verlieren nicht, die Boxenmiete zu erhöhen. Was raten Sie?

Harms: Zunächst müssen Angebotsqualität und Preis zusammenpassen. Auf zu vielen Pferdebetrieben ist das nicht gegeben. Hier wird eine hohe Qualität für einen zu niedrigen Preis verkauft und die Wirtschaftlichkeit von Pensionspferdehaltung kann damit nicht erreicht werden. Leichtfertig die Preise für Pferdestellplätze und Dienstleistungen zu erhöhen, ist aber auch keine Lösung. Stattdessen sollte der Selbstkostenpreis, der dem Betriebsleiter beim Angebot einer Leistung entsteht, ehrlich und vollständig ermittelt werden. Auch der Blick auf den umliegenden Wettbewerb ist ein wichtiges Indiz für mögliche Preiserhöhungen. Letztlich spielt aus meiner Sicht die Loyalität der Kunden eine sehr große Rolle. Sind die Einsteller auf dem Betrieb zufrieden, wandern sie auch bei einer Preiserhöhung nur selten ab. Für ein gutes Stallklima gibt es bekanntlich unzählige Stellschrauben.

BAYERNS PFERDE: Und die wären?

Harms: Dazu ist eine gesunde Basis erforderlich, nämlich ein stimmiges Betriebskonzept. Wenn gebrechliche Rentner mit quirligen Schulkindern in einer Reitschule zusammengebracht werden, geht das ohne Verwandtschaftsverhältnisse nur selten gut. Wird also den richtigen Kunden das richtige Angebot klar kommuniziert und in einer gleichbleibenden Qualität erbracht, sind die Voraussetzungen schon ziemlich gut. Dabei spielen die Kundenbedürfnisse eine wesentliche Rolle, die aufgedeckt und befriedigt werden müssen, um ein stimmiges Konzept zu erhalten. Jetzt fehlen nur noch die sozialen Bindungen zwischen den Kunden, die mit Lehrgängen, Ausritten oder ähnlichem schnell geknüpft sind. Ist dagegen in einem gewachsenen Betrieb die Stimmung nicht mehr so gut wie früher, müsste genau untersucht werden, worin die Unzufriedenheit begründet ist. Das wird am besten mit einem externen Berater gemacht, der als Mediator die Unzufriedenheit von Betriebsleiter und Kunden schnell aufdecken und vernünftige Lösungen erarbeiten wird. Solche neuen Impulse führen außerdem oft zu einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit über Jahre hinaus, weil die berühmte Betriebsblindheit überwunden wird.

Wirtschaftlichkeit von Pensionspferdehaltung mit durchdachter Werbestrategie
Die Wirtschaftlichkeit von Pensionspferdehaltung wird auch von der Werbestrategie beeinflusst.

BAYERNS PFERDE: Muss man als Pensionsstallbetreiber unbedingt eine Website haben? Die nimmt doch wieder Arbeitszeit in Anspruch!

Harms: Eigentlich ist eine Website ja „nur“ ein Werbemedium und damit nicht unbedingt erforderlich. Allerdings wird heutzutage dermaßen viel im Internet gesucht, gefunden und darüber geredet, dass jeder Pferdebetrieb ohne eigene Website eine Menge dieses Potenzials verschwendet. Überlegen Sie doch mal, was Sie machen, wenn Sie ein italienisches Restaurant in der Stadt suchen. Stellen Sie sich vor, Sie finden zwei Italiener, der eine mit einer alten unattraktiven Seite, die auf Ihrem Handy kaum leserlich dargestellt wird und einen Italiener, mit einer besonders schicken Website und tollen Bildern, bei denen direkt der Appetit angeregt wird. Wo reservieren Sie den Tisch? Deswegen ist für die Wirtschaftlichkeit von Pensionspferdehaltung auch die richtige Werbung wichtig: Sie müssen von potenziellen Kunden gefunden werden können! Für viele unserer Kunden übernimmt meine Firma das Erstellen und im Anschluss daran die Pflege der Website, so dass diesen Betriebsleitern kaum zusätzliche Arbeit entsteht.

BAYERNS PFERDE: Was sollte man bei der Erstellung und Gestaltung der Website berücksichtigen?

Harms: Also für den Italiener wäre erforderlich darauf hinzuweisen wie gemütlich das italienische Ambiente bei ihm ist, wie frisch die Zutaten sind und wie geradezu Urlaubsflair aufkommt, wenn man in dem italienischen Restaurant speist. Gleiches gilt für Pferdebetriebe. Hier sollten sich Betriebsleiter fragen, welche Kunden sie ansprechen und welche konkreten Bedürfnisse sie befriedigen. Reitsportanlagen, die sich an Turnierreiter richten, müssen ganz andere Botschaften vermitteln, als Laufstallbetriebe, die sich an Freizeitreiter richten. Der Besucher der Website sollte einen Eindruck davon bekommen, was ihn auf der Anlage erwartet und was das Angebot besonders macht. Voraussetzung für eine gute Website sind übersichtliche und klare Strukturen, durchdachte Botschaften und interessante Texte. Auch gute Fotos, die das Ambiente eines Stalles transportieren, sind da sehr wichtig.

BAYERNS PFERDE: Wie aktiv muss ich als Stallbetreiber dann im Internet sein?

Harms (lacht): Pferdebetriebsleiter wissen längst, dass man mit der Arbeit einfach nie fertig ist. Das gilt auch für einen guten Internetauftritt. Die Website muss regelmäßig gepflegt werden und kann durch einen aktuellen Blog immer wieder neue Kunden anlocken oder Bestandskunden informieren und somit an den Betrieb binden.
Über die Website hinaus werden Soziale Netzwerke immer wichtiger. Denn wenn in den sozialen Netzwerken über einen Pferdebetrieb gesprochen wird, sollte der Betriebsleiter dies mitbekommen: im Guten, wie im Schlechten. Haben Betriebe eine Seite auf Facebook und Co, können Sie hiermit regelrecht Fans ihres Betriebes entwickeln, die über die Maßen loyal sind. Und hier schließt sich der Kreis. Sie erinnern sich bestimmt, dass loyale Kunden Preiserhöhungen viel leichter hinnehmen…

Interview: Andrea Tölle
Harms | Pferdeprofis gut beraten

Erschienen in BAYERNS PFERDE im Februar 2016.

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